Zu Beginn möchten wir dir Schwester Jakoba Zöll vorstellen. Sie ist 26 Jahre jung und mittlerweile seit fast 4 Jahren Olper Franziskanerin. Im August letzten Jahres hat sie ihre erste Profess abgelegt: Sie hat also zum ersten Mal versprechen dürfen, dass sie als OIper Franziskanerin für die nächsten 3 Jahre leben möchte.
Schwester Jakoba Zöll, du lebst in Köln und arbeitest an der Universität Bonn. Wie lässt sich das Ordensleben mit deiner Arbeit verbinden?
Ich lebe seit etwas über einem Jahr mit drei Mitschwestern zusammen in unserem Konvent in Köln und arbeite an der Universität Bonn. Dort bin ich wissenschaftliche Mitarbeiterin am Lehrstuhl für Mittlere und Neuere Kirchengeschichte und an der Arbeitsstelle für Theologische Genderforschung tätig. Gleichzeitig beginne ich meine Promotion in der Mittleren und Neueren Kirchengeschichte, für die es ins Spätmittelalter gehen soll.
Ganz konkret heißt das, dass ich für die Studierenden der Katholischen Theologie, egal ob auf Magister, Lehramt oder Bachelor, Seminare gebe, Veranstaltungen organisiere und klassische Büroarbeit mache.
Für Franziskanerinnen ist es ganz normal, dass wir einen Job ausüben wie alle anderen Menschen auch. Was das sein kann, ist bei den Gemeinschaften ganz unterschiedlich. Für uns Olper Franziskanerinnen gibt es da keine Einschränkungen. Unserer Gründerin und uns ist es nur wichtig, dass wir mit und für Menschen unterwegs sind und einen wachen Blick für die Nöte der Zeit haben. Heute Theologie zu treiben, die keine Extrempole bedient, die sich dem wissenschaftlichen Diskurs stellt und an Universitäten im interdisziplinären Diskurs mitwirkt, die Vernunft und Glaube immer wieder neu zusammenbringt, ist meiner Meinung nach heute besonders von Nöten. Und das natürlich nicht nur der Wissenschaft wegen, sondern auch, um künftige Religionslehrer:innen, pastorale Mitarbeitende, Journalist:innen und viele weitere Berufsgruppen auszubilden. Auch die brauchen ein stabiles Fundament, um für sich selbst und für die Menschen, für die sie später tätig werden, Formen des katholischen Glaubens heute zu finden.
Mein Ordensleben mit meinem Job an der Uni zu verbinden, ist an sich für mich kein Widerspruch. Beides passt wunderbar zusammen, ergänzt und bereichert sich gegenseitig. In der Praxis ist das natürlich (wie mit jedem anderen Job und jeder anderen Lebensform auch) ein immer wieder neu auszutarierender Balanceakt: Wie lassen sich meine Arbeitszeiten, die an der Uni auch viele Abendtermine beinhalten, die Arbeitszeiten meiner Mitschwestern mit unseren gemeinsamen Gebetszeiten am Morgen und am Abend kombinieren? Wo finde ich in meinem Unialltag Zeit fürs persönliche Gebet, Räume der Stille oder den (gemeinsamen) Gottesdienstbesuch? Wo finden meine Mitschwestern und ich Zeit für Gespräche, Unternehmungen, gemeinsames Essen? Und wann bleibt Zeit für Freund:innen, Ehrenamt und Freizeit?
Das ist für mich, wie für alle, eine immer wieder neue Herausforderung. Meine eigenen Prioritäten bewusst setzen und dann auch den Alltag danach gestalten, ist nicht immer leicht. Aber es ist ein Lebensentwurf, den ich gegen keinen anderen eintauschen würde! Und dann kann die Kombination zwar jeden Tag anders aussehen, aber immer versuche ich, Gott und die Menschen in den Mittelpunkt zu stellen.
Was macht dir besonders viel Freude an deiner Arbeit?
Meine Arbeit ist deswegen großartig, weil sie das intensive wissenschaftliche Arbeiten und Forschen mit der Zusammenarbeit mit und für Studierende kombiniert.
Ich kann mich auf der einen Seite ganz intensiv und begeistert mit wissenschaftlicher Forschung beschäftigen und vertiefe mich gern stundenlang in meinen eigenen Forschungsthemen, dafür ist die Arbeit an meiner Promotion, die Vorbereitungen auf Seminare und Tagungen und die inhaltliche Arbeit am Lehrstuhl in Projekten und Publikationen genau richtig. Auf der anderen Seite darf ich diese Themen, für die ich selbst so begeistert bin, mit Studierenden bearbeiten, mich mit Hochschuldidaktik beschäftigen, Exkursionen und Seminare vorbereiten und durchführen. Dabei am besten finde ich, dass ich nicht bloß da bin, um Inhalte der Kirchengeschichte zu vermitteln, sondern die Studierenden ein Stück begleiten darf auf ihrem akademischen Weg, aber eben auch in ihrer Persönlichkeitsentwicklung und auf ihrem Glaubensweg. Diese konkrete Arbeit mit den Studierenden macht mir aktuell am meisten Freude an meiner Arbeit.
Was bedeutet Berufung für dich persönlich?
Berufung bedeutet für mich, gemeinsam mit Gott auf mein Leben zu schauen. Gemeinsam zu schauen und zu suchen, wohin es gehen könnte, wo meine Talente und Fähigkeiten liegen und wofür es sich lohnt, diese einzusetzen. Ich habe das Gefühl, im Moment meine Berufung sowohl im Persönlichen, nämlich mit meinem Leben als Olper Franziskanerin, als auch im Beruflichen, mit meiner Stelle an der Uni, zu leben. Ich bin gespannt, wohin mich diese Suche gemeinsam mit Gott und meinen Mitschwestern in den nächsten Jahren führen wird.
Was möchtest du Personen mitgeben, die den Wunsch verspüren, ihre Berufung intensiver zu leben?
Lasst Euch auf diese Suche ein. Ich kenne keinen lohnenderen Weg als den, sich mit Gott (und Wegbegleiter:innen) gemeinsam auf den Weg zu machen, das zu suchen, was Dich in Deinem Leben tragen und erfüllen kann, wo Du Dich mit allen Talenten, Fähigkeiten, Deiner ganzen Persönlichkeit für das einsetzen kannst, was Dich begeistert und erfüllt.
Weitere Infos rund um das Ordensleben findest du hier und auf der Website der Franziskanerinnen.
Anregungen zur Gestaltung von Wort-Gottes- und Eucharistiefeiern für den monatlichen Gebetstage um geistliche Berufungen sind jeweils aktualisiert hier zu finden. Du möchtest keinen Gebetstag um geistliche Berufungen mehr verpassen? DANN MELDE DICH JETZT HIER ZU UNSEREM NEWSLETTER AN!