01.06.2023

Im Gespräch mit Kirchenmusiker Stefan Madrzak

Der heutige monatliche Gebetstag um geistliche Berufungen trägt die Intention "Kirchenmusiker (m/w/d)". Diesen Tag haben wir als Anlass genommen, um mit dem Kirchenmusiker Stefan Madrzak zu sprechen.

Zu Beginn möchten wir dir Stefan Madrzak gerne vorstellen. Stefan Madrzak ist 45 Jahre alt und hat sein größtes Hobby zum Beruf gemacht, die Kirchenmusik. Seit 2009 arbeitet er als Domorganist und Kantor am St. Patrokli-Dom im schönen Soest und darüber hinaus ist er als Konzertorganist in Deutschland und Europa unterwegs.

Was hat Sie dazu bewegt, Kirchenmusiker zu werden?

Am Anfang ganz klar die Orgel! Ich kann mich gut daran erinnern, als 5-jähriger völlig fasziniert vor der Orgel der Keitumer Severinkirche gestanden zu haben. Meine Eltern verbrachten mit mir den sommerlichen Urlaub über Jahre hinweg auf Sylt, sodass vor allem dort meine Liebe zur Orgel geweckt wurde. In der Ferienwohnung angekommen stellte ich mein Bilderbuch auf die Heizungsrippen, schob einen Stuhl davor und begann unter kräftigem Kindergesang mein Spiel. Mit Bauklötzen und Duplosteinen baute ich außerdem so manche Kirche und Orgel nach. Meine Eltern dachten, es sei eine „Marotte“, die sich vielleicht wieder legen würde. Das kindliche Spiel verging, die Faszination fürs Instrument blieb bis heute.

Die ersten Berührungspunkte mit dem, in der Kirchenmusik ebenso wichtigen, Chorgesang kamen erst viel später. Zu Zeiten des C-Kurses (erste kirchenmusikalische Ausbildung) am Beginn der 1990er-Jahre sang ich in dem sehr ambitionierten Laien-Chor meines Orgel-Lehrers mit und lernte so viele wichtige Chorwerke kennen.

Nicht zuletzt war meine katholisch, musikalisch geprägte Erziehung natürlich auch sehr grundlegend für den Berufswunsch.

 

Was war das Besondere an Ihrem Studium und an Ihrem Weg zum Kirchenmusiker?

Mein Kirchenmusikstudium in Aachen absolvierte ich im mittlerweile leider geschlossenen St. Gregorius-Haus, einer Kirchenmusikschule in kirchlicher Trägerschaft. Hier fand Studieren und Leben an einem Ort statt. Neben Aachen war dies damals nur noch in Regensburg möglich. Das Internatsleben hatte den Vorteil, dass man sich ganz aufs Musizieren konzentrieren konnte; der Nachteil lag im fehlenden Austausch mit anderen Studiengängen. Diesen erlebte ich ab 2006 dann eher im künstlerischen Aufbaustudiengang „Orgel“ in Köln, auch wenn ich dort als 30-jähriger kein klassischer Student mehr war.

Sind Ihnen auf Ihrem Weg zum Kirchenmusiker Herausforderungen begegnet?

Als ich 1996 das Studium der Kirchenmusik aufnahm, schien die „katholische Welt“ noch in Ordnung zu sein. Die Kirchen waren sehr gut besucht, das bürgerliche Leben orientierte sich stark am kirchlichen Jahresfestkreis und die Kirchenmusik hatte einen hohen Stellenwert; so jedenfalls meine Wahrnehmung. Am Ende des Studiums 2002 sah das schon anders aus. Man hörte von rückläufigen Besucherzahlen in den kirchlichen Gruppierungen, manche Selbstverständlichkeiten wurden in Frage gestellt und erste Fusionen von Kirchengemeinden standen zur Debatte.

Ein Teil dessen, was man im Studium mit auf den Weg bekommen, hatte stand mit Diensteintritt bereits zur Disposition. Die Veränderungen in kirchlichen Strukturen stellen uns alle seitdem immer wieder vor große Herausforderungen, denen ich mit innovativen Ideen meist zuversichtlich begegne.

An welchen Orten tanken Sie neue Kraft?

Vor allem an ganz, ganz stillen Orten. In diesem Zusammenhang erinnere ich mich an einen Waldspaziergang in der Eifel, bei dem einzig die Schritte im Unterholz die absolute Stille durchschnitten oder auch an eine Messe in der Kapelle des Fuldaer Priesterseminars, die ich als einziger Teilnehmer gemeinsam mit dem Priester feierte. Orte der Ruhe haben eine große und großartige Wirkung auf mein Befinden. Darüber hinaus liebe ich ästhetische Dinge; sei es der filigran gestaltete Spitzbogen einer gothischen Struktur oder das minimalistische Element einer Bauhausarchitektur. Schönheit gibt mir Kraft.

Was bedeutet Berufung für Sie persönlich?

Sich in den Dienst einer Sache stellen. Im Zeitalter eines stetig zunehmenden Strebens nach Selbstvermarktung empfinde ich es als wohltuend, die Perspektive weg von sich hin zur Sache zu vollziehen. Dies ist beispielsweise auch im liturgischen Geschehen der Messe spürbar, in der die handelnden Personen entweder gewandet (Priester, Messdiener) oder gar nicht erst zu sehen sind (Organisten). Berufung bedeutet auf der anderen Seite auch von dem, was ich als meine Berufung empfinde, zu erzählen, und der nachfolgenden Generation so ein authentisches Zeugnis zu geben.

Was möchten Sie Personen mitgeben, die den Wunsch verspüren, ihre Berufung intensiver zu leben?

Dazu ist es aus meiner Sicht ratsam, sich zunächst dem eigenen Sein zuzuwenden. Gerade in den existenziellen Fragen nach der Berufung, der generellen Lebensführung oder auch der Überwindung von alten Glaubenssätzen uvm. hat die geschäftige Außenwelt keinen Platz. Ich kann in diesem Zusammenhang vor allem die Methoden der „Körperreise“, des „Focusing“ sowie das Anhören von Podcasts zum Thema „Achtsamkeit“empfehlen, die eine veränderte Sicht auf viele Dinge ermöglichen.

Einmal am Tag das schnelle Außen gegen ein gesammeltes Innen tauschen hilft sicher jeder und jedem, seiner Berufung näher zu kommen.